Die langsame Versteinerung des Lebens – daily awesome impression

Kürzlich habe ich diese beiden Graffitis von ALANIZ in meiner unmittelbaren Nachbarschaft gefunden. Für mich implizieren die Bilder eine traurige, an sich selbst krankende Welt, der das Leben langsam, kalt und einsam entweicht, um schließlich ganz zu versteinern. Mich erinnern sie zuerst an das obdachlose Leben in einer Großstadt.

Falls jemand den Künstler kennt, würde ich mich über eine Info in den Kommentaren sehr freuen.

Ausstellung ROA in Skalitzers Contemporary Art

Durch Zufall bin ich in eine Ausstellung des Künstlers ROA geraten. Der Urban Artist ist bekannt für seine riesigen, naturalistisch anmutenden Graffitis in schwarzweiß. Das Thema ist durchgängig von Tiermotiven bestimmt, Kreaturen, die der menschlichen Zivilisation zum Opfer gefallen sind. So muten seine Werke zuweilen sehr morbide an. Die bemalten Oberflächen bestehen aus einer Vielzahl zusammen gesetzter Türen und Klappen aller Art, die, wenn man sie wendet, die Eingeweide der Tiere zeigen. Oft sehen wir auf der Vorderseite ein in Draht gefangenes Geschöpf noch in seinem Todeskampf, auf der Rückseite schon dessen Skelett. Die Arbeiten ROA’s machen immer wieder großen Eindruck auf mich, zeigen sie doch die Kehrseite menschlich-zivilisatorischen Dranges.

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Ausstellung Stattbad Wedding – Wedding Walls

Letztes Wochenende wurden die „Türen für ein Event der besonderen Art“ im Stattbad Wedding eröffnet. Unter dem Titel No More Butter By The Fishes feierte das Stattbad Wedding seinen 2. Geburtstag und stellte das neue Projekt WEDDING WALLS vor. Grund genug, mal vorbei zu schauen. Keineswegs war die Ausstellung auf die innen gelegenen Räumlichkeiten beschränkt. Den Besucher erwarteten ganz im Sinne des Titels die hergerichteten Fassaden des Gebäudes, welche flächendeckend mit Graffitis bekannter Streetartisten der Berliner Szene bedeckt waren und eine gelungene Erweiterung der Ausstellung in den öffentlichen Raum bezeichneten. Wo war Anfang, wo war Ende? Beim bemalten Flaschencontainer an der Ecke? An der gegenüberliegenden Wand? An der U-Bahn Haltestelle? Sicherlich war bei mir ein frühzeitiger Endpunkt erreicht, als ich drei Euro für eine kleine Flasche Veltins löhnen musste (im Wedding!), die mir von einem affektiert rumspackenden Typen in Sturmmaske verkauft wurde, der allem Anschein nach der überbordenden Performanz zum Opfer gefallen war. Mit großer Verspätung wurden dann die Pforten zur Vernissage um 20:00 Uhr geöffnet. Die Installation von Anna Rosznowska im Pool des Bades habe ich leider verpasst, wir wurden aber netterweise noch eingelassen, um deren Überreste zu bewundern – punktuelle Scherbenhaufen im weiten Hellblau der Beckenfliesen. Die folgende Vernissage wurde auf engstem Raum präsentiert. Ich durfte die hervorragenden Fotografien von Gert Mittelberg bewundern, sehr gelungen aufbereitet auf Leuchtwänden, die im dunklen, von metallenen Rohren durchzogenen Keller des ehem. Stadtbades eine sehr intensive Eindringlichkeit entfalteten. Auf dem Boden und in einigen Ecken angebrachte Monitore zeigten Bilder von Just, daneben ein Screening des Films Wedding Walls von Tamas Haragay, von dem man leider kein Wort verstehen konnte. Mein absolutes Highlight jedoch war ein Raum weiter hinten, klein, eng, von schwach gelbem Neonlicht erhellt, in dessen Mitte sich ein alter, schmutziger Spiegel horizontal auf Hüfthöhe aufgebahrt fand, der wiederum von drei Fruchtgummis in dessen Zentrum geziert wurde. Wie ferngesteuert bewegte ich mich mit der sinnhungrigen Bohème-Meute auf den Spiegel zu und versuchte in meinem dort erblickten Selbstbild das Wesen der Kunst neu zu entdecken – und scheiterte. Ich wusste einfach nicht, warum gerade drei Fruchtgummis im dreckig-spiegelnden Rechteck. Nach kurzer Beratung mit den Kunstkampfgenossen und Blick aufs Programm erhellte sich mein Geist: Wir waren in einen Abstellraum gelaufen.

Streetart Berlin – Neues und Altes aus Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln

Wenn ich Zeit habe, ziehe ich durch Berlin und photographiere Graffiti, was das Zeug hält. Und gerade in meiner Ecke, direkt am Hermannplatz in Berlin, finde ich immer wieder kleine schöne Werke, manchmal aufdringlich und manchmal nahezu verborgen. Gerade die Kleinode, die sich dem ersten Blick entziehen, die man eben nur durch aufmerksames Suchen findet, sind mir die Liebsten. Man lässt seinen Blick schweifen und entdeckt noch an den entlegensten Stellen kleine Kunstwerke, die wachrütteln, einen Riss in der alles beherrschenden, öffentlich-kontrollierten Bildsprache hinterlassen und uns ein Stück freien Raum zurückgeben. Darüber hinaus liebe ich auch die über und über mit Farben, Klecksen und wilden Strichen bedeckten Wände, Schilder und Türen, die einem Graffito aus geübterer Hand erst mal den passenden Grund, die eigene Magie verleihen. Manchen mag dieses Nichts als Schmirerei sein, mir sind es farbenfrohe Palimpseste im urbanen Raum.

Hier eine kleine Auswahl, alle Bilder in Originalgröße (unter CC-Lizenz) könnt ihr euch auf flickr ansehen.

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